Dienstag, 14. April 2009

Die Sturmnacht

Ihr Hals war trocken, und ihre Beine zitterten, als sie aufstand. Er hockte noch immer vor dem Kamin. Sie trat zu ihm und legte ihre Hand auf die weiche Einbuchtung zwischen seinem Hals und den Schultern. Seine Muskeln spannten sich einen Moment lang an, doch als er den Atem ausstieg, entspannten sie sich wieder. Er drehte sich um und sah zu ihr auf, und in diesem Augenblick spürte sie, wie ihr Wiederstand endgültig zerbrach.
Er fühlte sich gut an. Er fühlte sich gut an, und sie wusste, dass sie zulassen durfte, was jetzt unweigerlich geschehen würde.
Blitze durchzuckten den Himmel. Wind und Regen hämmerten gegen die Mauern. Im Zimmer wurde es wärmer, denn die Flammen loderten mittlerweile recht hoch.
Er stand auf. Mit zärtlichem Gesichtsausdruck nahm er ihre Hand. Sie erwartete, dass er sie küssen würde, doch das tat er nicht. Stattdessen presste er ihre Hand an seine Wange, und dabei schloss er die Augen, als wollte er die Berührung auf seiner Haut für immer in sein Gedächnis eingraben.
Er küsste ihren Handrücken, bevor er die Hand losließ. Dann öffnete er die Augen, neigte den Kopf und zog sie an sich. Seine Lippen streiften in Schmettelingsküssen an ihrer Wange entlang und fanden schließlich ihre Lippen.
Als er die Arme um sie schloss, lehnte sie sich an ihn. Sie spürte, wie sich ihre Brüste an seine Rippen pressten, sie fühlte seine raue Wange, als er sie zum zweiten Mal küsste.
Er fuhr ihr mit der Hand über den Rücken, und sie öffnete die Lippen und spürte seine feuchte Zunge. Er küsste ihren Hals, ihre Wange, und als seine Hand über ihren Bauch streichelte, war die Berührung wie ein leichter Stromschlag. Ihr stockte der Atem, weil seine Hände auch ihre Brüste berührten, und sie küssten sich immer wieder, während die Welt um sie herum langsam zu zerfließen begann.
Sie hatten den entscheidenen Schritt getan, sie beide, und während sie noch näher aneinander rückten und sich fest umschlungen hielten, schien es gleichzeitig, als wollte sie die schmerzlichen Erinnerungen an die Vergangenheit bannen.
Er vergrub seine Hände in ihr Haar. Sie legte ihren Kopf an seine Brust und hörte seinen Herzschlag, der so schnell ging wie ihrer.
Und als sie sich endlich voneinander lösten, griff sie nach seiner Hand.
Sie machte einen kleinen Schritt zurück und zog ihn dann sanft zur Treppe und in das Zimmer im ersten Stock.

Konnte sie ihrer Tochter den Rest von dieser besonderen Nacht erzählen? Es gab Frauen, die über solche Dinge sprechen konnten, aber sie verstand nicht wie das möglich war. Für sie war das Schlafzimmer immer der Ort der privaten und schönen Geheimnisse gewesen.
Aber selbst wenn sie davon hätte erzählen wollen, hätte sie wohl nicht die richtigen Worte gefunden. Wie sollte sie das Gefühl beschreiben, das sie durchfuhr, als er ihr die Bluse aufknöpfte? Oder den Schauder, der ihren ganzen Körper erzittern ließ, als er mit seinem Finger zart über ihren Bauch strich? Oder wie heiß im Moment der Vereinigung ihre Haut war? Oder ihre Empfindung bei seinen Küssen und das Gefühl, als sie Finger auf seine Haut presste? Oder das Geräusch seines und ihres Atems, und wie es lauter wurde, als sie sich wie ein einziger Körper zu bewegen begannen?
Nein, von diesen Dingen wollte sie nicht sprechen. Sie würde es der Fantasie ihrer Tochter überlassen, sich vorzustellen, was passiert war. Sie wusste, dass es nur der Fantasie gelingen konnte, eine Spur jener Magie zu erfassen, die sie in seinen Armen verspürt hatte.


Liebe Grüße Yaya

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